Wie gebe ich im Ausland Trinkgeld?

Wie gebe ich im Ausland Trinkgeld?

Ich sitze in einem kleinen unscheinbaren Restaurant in Amsterdam und warte schon seit einer geschlagenen Stunde auf meine Rechnung. Die Kellnerin, die am Tresen freudig mit ihren Freunden redet, hat auch eigentlich eher weniger Lust darauf sich mit mir auseinanderzusetzen. Dann schafft sie es doch und präsentiert mir die Rechnung. Ein stolzer Betrag. Ein Betrag, den ich mir gerade einmal so leisten kann und zack quält mich die Frage aller Fragen: Soll ich Trinkgeld geben? Ich habe selbst jahrelang in der Gastronomie gearbeitet und weiß wie nervig es ist, wenn Gäste kein Trinkgeld geben. Trotzdem komme ich immer wieder in diese Situation und spare am Trinkgeld. Geld, dass ich dann für eine Stunde Internet in Asien, für ein Eis in Spanien oder für ein Tube-Ticket in London ausgebe. Neben dem Fakt, dass wir immer häufiger am Trinkgeld sparen, plagt mich auch eine ganz andere Sorge: Wie tippe ich eigentlich im Ausland? Bei Leuten, die viel reisen ist das tatsächlich eine begründete Frage. Nur, weil wir in Deutschland zumeist von 10 % Trinkgeld ausgehen, heißt das nicht, dass das in anderen Ländern genauso ist. Deswegen habe ich mich einmal schlau gemacht und geschaut, wie es in unseren Nachbarländern und der Welt aussieht.

Trinkgeld geben im Ausland: Die Grundregeln

Einige Dinge können von vorneherein geklärt werden: am besten gibt man Trinkgeld in Form von Bargeld. Beträge variieren dabei tatsächlich von Land zu Land. Aufrunden plus ein bisschen mehr ist allerdings schon einmal ein guter Ansatz. Als guter Reisender sollten aber die folgenden Regeln beachtet werden:

Trinkgeld geben im Ausland: Skandinavien

Wie wird in Schweden, Norwegen, Finnland oder Dänemark getippt? Die Skandinavier tippen weniger, als die anderen Nachbarländer von Deutschland. Warum? Ich könnte es mir zum einen wegen der relativ hohen Preise in der Gastronomie erklären. Hier muss der Service überragend sein, damit ein paar Münzen auf dem Tisch landen. Also: Trinkgeld wird nicht erwartet, zaubert aber sicher auch ein Lächeln auf das Gesicht des Kellners, Pagen oder Taxifahrers.

Trinkgeld geben im Ausland: Großbritannien und Irland

Gîtes en Europe : séjournez dans un gîte en Irlande et parcourez le Wild Atlantic Way

Großbritannien und Irland sind den Deutschen sehr ähnlich, wenn es um das Trinkgeld geben geht. Teilweise wird die „service charge“ bereits auf der Rechnung verzeichnet und als inkludiert gewertet. In anderen Fällen werden 15 % erwartet. Bei Barkeepern kann es aber auch gerne Mal ein Pint, also ein Glas Bier, sein oder zwei, wenn der Service gut war.

Trinkgeld geben im Ausland: Benelux

In Belgien, den Niederlanden und Luxemburg ist eine Summe von 16 % zumeist bei den Rechnungen in Hotels und Restaurants enthalten. Beim Friseur werden meistens 20 % erwartet. Für alle anderen Situationen gilt, was auch in vielen anderen Ländern gilt: war der Service gut, ist auch das Trinkgeld großzügig.

Trinkgeld geben im Ausland: Österreich & Schweiz

Wer in Österreich den „Schmattes“ oder „Schmatt“ auf den Tisch legt, der hat direkt ein paar neue Freunde im deutschen Nachbarland. Denn das bedeutet hier Trinkgeld und ist, natürlich, angesehen. Die Österreicher sind an aufgerundete Rechnungen und ein bisschen Bargeld auf dem Tisch gewöhnt. Bei den Schweizern ist es wieder die Rechnung, die über das Trinkgeld entscheidet: teilweise ist dies direkt im Gesamtbetrag enthalten, teilweise wird es erwartet. Also, einfach die Rechnung überprüfen und dann entscheiden.

Trinkgeld geben im Ausland: Mittelmeerländer

A Spanish beach near Marbella

So divers die Kulturen zwischen den Ländern rund um das Mittelmeer sind, so sind es auch die Trinkgeld-Vorzüge. In Frankreich und Spanien wird Trinkgeld relativ ähnlich gegeben. Hier freuen sich Kellner und andere Angestellte generell über ein Trinkgeld von 10-15 % der Gesamtrechnung. Dieses wird am Ende einfach auf den Tisch gelegt. Achtung für große Gruppen: Rechnungen sollten hier nicht geteilt werden. Am einfachsten ist es, die Rechnung zu bezahlen und nachdem das Rückgeld kam „le pourboire“; wie es in Frankreich heißt, einfach auf den Tisch zu legen und zu gehen. In Italien ist das Trinkgeld nicht allzu bekannt. Hier kommt es häufig zu einem kleinen Betrag für Brot und Oliven, dem „coperto“. Wer aber trotzdem sehr zufrieden war, der kann natürlich einen Betrag auf dem Tisch liegen lassen. In Griechenland und der Türkei darf auch gerne aufgerundet werden. Wer hier mit Kreditkarte zahlt, der soll das Trinkgeld am besten bar bezahlen, sicher ist sicher.

Trinkgeld geben im Ausland: Osteuropa

Deutschlands Nachbarn im Osten Europas, wie zum Beispiel Polen, sind sehr offen, wenn es um das Trinkgeld geht. Es wird selten auf der Rechnung aufgelistet und ein fester Betrag wird nie erwartet. Hier beruht das Trinkgeld einzig und allein auf der Zufriedenheit des Gastes. Wer sich gut umsorgt gefühlt hat, der lässt sicher ein paar Groschen da.

Trinkgeld geben im Ausland: Nahost

Wer in die Emirate Dubai oder Abu Dhabi oder Sharjah reist, der geht zumeist davon aus, dass es hier nur so von Geld wimmelt. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Trinkgeld nicht zur Kultur gehört. Ganz im Gegenteil: Wie in Deutschland werden hier 10 % verlangt. Normalerweise wird das Trinkgeld unter den Angestellten geteilt und wandert somit direkt in deren Tasche, wie es sein sollte. Pagen in Hotels und Angestellte, die für das Valet-Parken, also die das Auto von jemanden parken, zuständig sind, sollten meist ein Dankeschön von 10 Dirhams bekommen (ca. 1 €). Überraschenderweise sind Taxifahrer selten an Trinkgeld gewöhnt und verlangen dieses auch nicht.

Trinkgeld geben im Ausland: Nordafrika

Marrakech, Morocco Marrakech, Morocco

Tunesien, Ägypten und sind beliebte Urlaubsziele unter den Deutschen. Häufig allerdings, sind viele Touristen hier genervt von Marktschreiern und jenen, die Besucher förmlich in ihren Stand ziehen und mit Tee um den Finger wickeln. Umso besser ist es da, wenn einige Tricks beim Trinkgeld beherrscht werden. Trinkgeld heißt hier „Bakschisch“ und variiert stark von Ort zu Ort. Übersetzt heißt „Bakschisch“ Gabe oder Geschenk und das wird hier sehr gerne gesehen. Wie viel genau das sein muss, das kann niemand sagen, wobei 10 % als sehr angemessen scheinen. Wichtig ist, dass es vorhanden ist, denn auch kleine Summen zeigen, dass Touristen in Ägypten, Tunesien oder Marokko mit dem Service der Einheimischen, die häufig sehr wenig verdienen, zufrieden sind. In Restaurants ist zumeist eine Summe von 5 – 10 % im Gesamtpreis enthalten, in Hotels werden 1 – 2 $ pro Tag für die Putzfrauen und Pagen sehr gerne gesehen, während Reiseführer und Taxifahrer auch gerne einmal von 10-15 % Trinkgeld ausgehen. Übrigens: Wer hier das Trinkgeld mit der Kredit- bzw. Geldkarte zahlen möchte, der zahlt dem Restaurantbesitzer und nicht dem Kellner einen Obolus. Also: 10 % bar auf den Tisch oder in die (rechte) Hand des Kellners und alles ist im Lot. Das Übergeben von Geld und anderen Gaben mit der linken Hand wird hier nämlich generell als unhöflich angesehen, da diese für andere (intime) Zwecke verwendet wird…

Trinkgeld geben im Ausland: Südostasien

Südostasien ist mein absolutes Lieblingsreiseziel. Ich liebe die Strände, die Kultur, das Essen und vor allem die Menschen. Genau aus diesem Grund halte ich es mit dem Trinkgeld ganz einfach: Wenn es mir gefallen hat, geschmeckt hat oder wenn ich die Person ganz besonders mochte, dann habe ich auch ein bisschen mehr Trinkgeld dagelassen. Wenn nicht, was nur in den seltensten Fällen vorkam, dann habe ich trotzdem ein bisschen Geld auf dem Tisch gelassen. Seien wir doch mal ehrlich, wenn ein Essen und damit meine ich einen vollgestopften Teller, 3 € kostet, dann tut der extra Euro an Trinkgeld doch auch nicht weh, oder? In Indien wird übrigens die Service Tax zum Teil direkt mit auf die Rechnung geschrieben

Trinkgeld geben im Ausland: Japan & China

Achtung: hier ist Trinkgeld alles andere als angesehen. Bloß nicht! Wer hier tippt, der beleidigt den Kellner und alle Angestellten in der Service-Industrie. Also: Portemonnaie zulassen nachdem die Rechnung bezahlt wurde und auch keine Beträge aufrunden. Kein Trinkgeld zu geben ist in Japan und China völlig normal! Allerdings, die Angestellten in Chinas Touristenzentren haben das Konzept des Trinkgelds so langsam erkannt und lehnen sicher kein Trinkgeld ab.

Trinkgeld geben im Ausland: Australien & Neuseeland

Drei Monate habe ich als Kellnerin in Australien gearbeitet und habe mich am Abend immer wieder aufs Neue über die Scheine im Portemonnaie gefreut. Trotzdem, bis vor kurzem war das Trinkgeld etwas eher untypisches in Australien und Neuseeland. Selten wurde getippt und schon gar nicht wurde das Trinkgeld in beiden Ländern auf der Rechnung aufgelistet. Wer heute aber nach Australien oder Neuseeland reist, der sollte ein kleines Trinkgeld da lassen, denn, dank der Touristen hat sich das jetzt eingebürgert.

Trinkgeld geben im Ausland: USA & Kanada

Es ist überall bekannt: Servicekräfte verdienen förmlich einen Hungerlohn in den USA und in Kanada. Getippt wird hier immer. Das Essen war nicht gut? Dann wird immer noch ein Obolus von 10% erwartet. Wenn der Service nur ok war, dann reichen auch 15% und bei gutem Service können dann auch schon einmal 20% auf die Rechnung gepackt werden. Sehr guter bis hin zu exzellentem Service wird mit 25% belohnt.

Trinkgeld geben im Ausland: Latein-, Mittel- und Zentralamerika

Viele Latein-, Mittel- und Zentralamerikaner, die im Service arbeiten, leben vom Trinkgeld. Von daher gilt: eine kleine Summe resultiert in einem großen Lächeln des Angestellten. Die Lateinamerikaner sehen das mit dem Trinkgeld geben genauso wie wir: kleine Beträge als Zeichen der Zufriedenheit oder aber aufgerundete Rechnungsbeträge, das geht beides und ist beides sehr angesehen. Trinkgeld auf Reisen ist manchmal eine ganz schöne Tortur. Dennoch kann man sich eins merken: bis auf in China und Japan, wird das Trinkgeld immer mit offenen Armen begrüßt. Wer würde sich denn auch über ein paar Extramünzen beschweren?